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Drucke des 16. Jahrhunderts im Handbuch der Kalendermacher (2020)

März 11, 2024

Die Internetseite „Biobibliographisches Handbuch der Kalendermacher von 1550 bis 1750“ des Instituts Deutsche Presseforschung in Bremen existiert schon seit über 10 Jahren. Klaus Graf zitiert daraus in Archivalia am 1. April 2018 und gibt an, er habe das Zitat der Datenbank „Stand 2014“ entnommen. 2020 kam dann die gedruckte Version des Handbuchs heraus. (Rezensiert in H-Soz-Kult von Günther Oestmann)

Der Text der Papierfassung entspricht, soweit ich das übersehe, im Wesentlichen der Bremer online-Version, nur in einigen Artikeln gibt es in der online-Datenbank Hinzufügungen aus den letzten Jahren (z.B. in den Artikeln „Caesius, Georg“ und „Steinmetz, Valentin“). Ich muss allerdings vorausschicken, dass meine Beobachtungen zu dieser Datenbank sich nur auf Druckausgaben des 16. Jahrhunderts beziehen, weil das Ziel meiner Auswertung die Zuordnung der entsprechenden VD16-Nummern ist.

Zu demselben Handbuch gibt es noch eine zweite online-Datenbank von der Universität Erlangen, die verschiedene zusätzliche Register enthält. Man kann darin die Drucke chronologisch ordnen, man kann in einer alphabetischen Liste der Drucker suchen und vieles mehr. Offenbar ist diese Version der Datenbank jedoch hauptsächlich für die Auswertung der handschriftlichen Einträge gedacht, die aber noch in Arbeit ist. Für den Zugang zu den biographischen Artikeln des Handbuchs dagegen wird man durch Links auf die Bremer Internetseite geführt.

Das 16. Jahrhundert macht im Handbuch der Kalendermacher nur einen kleinen Teil aus, der größte Teil der Ausgaben stammt aus dem 17. Jahrhundert. Gedruckte Kalender gab es zwar schon vor 1550, auch schon in der Inkunabelzeit, aber nicht die „Schreibkalender“, um die es hier hauptsächlich geht. Diese enthielten unbedruckte Seiten, um den Benutzern dieser Kalender die Möglichkeit zu geben, sich Notizen zu machen. Schreibkalender sind also ein Hybridmedium, ein Zwischending zwischen Druck und Handschrift. Deshalb sind viele Exemplare nicht in Bibliotheken, sondern in Archiven gelandet, die weniger erschlossen sind als die Bibliotheken und vom VD16 bislang kaum berücksichtigt werden.

Das Ganze ist eine bisher wenig bekannte Fundgrube auch für solche Historiker, die gar nicht in erster Linie an der Erschließung der Schreibkalender interessiert sind. Die biographischen Artikel zu den einzelnen, sonst kaum bekannten Autoren sind sehr gut recherchiert und bieten viele weiterführende Hinweise, auch aus abgelegener Literatur.

Kalendermacher, auch wenn sie als Astrologen eine Kunst betrieben, die schon seit Jahrhunderten nicht mehr der Wissenschaft zugerechnet wird und auch schon bei vielen ihrer Zeitgenossen unter dem Verdacht der Scharlatanerie stand, mussten Ahnung von Astronomie haben, und sie waren informiert über die neuen astronomischen Entdeckungen und Theorien ihrer Zeit. Sie gehörten zu einer Schicht von Gebildeten, die Geld mit der Vermittlung von Wissen verdienten und sich dabei dieser besonderen Gattung „Schreibkalender“ aus dem jungen Medium Buchdruck bedienten. Unter ihnen befanden sich auch einige Universitätsprofessoren, es waren aber vor allem naturwissenschaftlich interessierte Pastoren, Lehrer, Hof-Astronomen (die sich meist zugleich als Astrologen betätigten), Ärzte und Drucker. Sie standen untereinander in Kontakt, setzten sich mit ihren Kollegen und Konkurrenten in den Vorworten zu ihren Werken auseinander, und das nicht immer in freundschaftlichem Verhältnis.

Angehängt an die biographischen Artikel des Handbuchs werden nicht nur die Reihen von heute noch existierenden Kalendern und Prognostiken, sondern außerdem (Überschrift: „andere Drucke“) auch weitere Schriften der Kalendermacher aus verschiedenen Wissensgebieten. Das macht diese Datenbank so besonders ergiebig für mein Projekt eines disziplinübergreifenden Nachschlagewerks zu den Drucken des 16. Jahrhunderts auf der Basis der VD16-Nummern.

Allerdings: Die VD16-Nummern werden durchweg nicht angegeben (eine Ausnahme: der Artikel zu Johann Schröter im 4. Band). Ich habe es, wie gesagt, für das 17. Jahrhundert nicht systematisch nachgeprüft, aber ich gehe davon aus, dass dasselbe auch für die VD17-Nummern gilt.

Die vorhandenen Links zum VD16 sind allesamt falsch und funktionieren nicht. Sie sollten ohnehin nicht etwa zu bestimmten Druckausgaben hinführen, sondern immer nur zu den Links hinter den Verfassernamen im VD16, mit denen man dort als Treffer alle Datensätze aufgelistet bekommt, die mit einem bestimmten Namen verbunden sind. Daraus folgt, dass ich alle VD16-Nummern einzeln heraussuchen musste. Nur die Links zu online-Digitalisaten halfen mir, die Suche etwas abzukürzen.

Eine zusätzliche Erschwerung dieser Arbeit ergibt sich aus der eigenartigen Form der Präsentation der bibliographischen Daten. Es geht in dem Handbuch nicht um einzelne Ausgaben, sondern immer um „Reihen“, also mehrere über Jahre hinweg von denselben Autoren, meist auch bei denselben Druckern, herausgebrachte Schriften, die immer dasselbe Format und denselben Aufbau hatten und deren Titelformulierungen auch oft gleichartig waren. Wenn eine solche Reihe von einem bestimmten Drucker (oder auch mehreren, aufeinander folgenden Druckern) zum Beispiel von 1570 bis 1590 erschienen ist, werden nur diese beiden Eckdaten angegeben, nicht die einzelnen Ausgaben. Man erfährt nicht, wie viele Drucke tatsächlich erschienen oder wie viele davon heute noch überliefert sind.

Oft waren diese Kalenderdrucke kombiniert mit „Prognostiken“ oder „Practica“ (wenn es zwischen den beiden Begriffen einen Bedeutungsunterschied geben sollte, ist er mir jedenfalls nicht klar), also Prophezeiungen für bestimmte Jahreszeiten, die aus den Sternkonstellationen abgeleitet wurden. Da diese Prognostiken offenbar zahlreicher überliefert sind als die dazugehörigen Kalender, werden sie in dem Handbuch ebenfalls bibliographisch dokumentiert, und durch sie wird (so vermute ich) auf verloren gegangene Kalender geschlossen.

Die bibliographischen Angaben zu den erwähnten „Reihen“ werden dazu noch eigentümlich zerstückelt präsentiert. Zuerst werden unter der Überschrift „Titel“ die verschiedenen Reihen des Autors, um den es in dem Artikel geht, aufgezählt. Da diese Titel meist sehr lang und oft ganz gleich sind, werden nur einige charakteristische Begriffe daraus herausgezogen, wie z.B. „Schreibkalender“ oder „Almanach“, „Practica“ oder „Prognosticon“ usw., immer mit den Eckdaten, von wann bis wann diese Titel nacheinander erschienen sind. Unsichere Angaben werden mit Fragezeichen markiert. Oft erschienen die Prognostiken nicht mit den Kalendern in einer Ausgabe, sondern parallel zu den Kalendern, von ihnen getrennt. Der Beginn und das Ende einer „Reihe“ wird also nicht immer durch ein existierendes Exemplar eines Kalenders erschlossen, sondern auch aus der Existenz einer entsprechenden Prognostik, oder auch aus Hinweisen über frühere Kalenderdrucke in den Vorworten.

Verkomplizierend ist auch noch eine Besonderheit bei der Datierung der Kalenderdrucke. Auf dem Titelblatt wird immer das Jahr angegeben, für das der Kalender oder die Prognostik gültig ist, während das Impressum oft fehlt. Da man bei fehlendem Erscheinungsjahr annehmen kann, dass der Druck eines Kalenders im vorhergehenden Jahr stattgefunden hat, damit der neue Kalender schon ab dem 1. Januar benutzt werden konnte, wird in den Bibliothekskatalogen und auch im VD16 gewöhnlich das vorhergehende Jahr in eckigen Klammern angegeben. Wenn dagegen (in seltenen Fällen) das Erscheinungsjahr vom Drucker doch angeführt wird und wenn es mit dem Gültigkeitsjahr übereinstimmt, dann müssen selbstverständlich auch Bibliothekskataloge und auch das VD16 diese Information übernehmen.

Die Kalendermacherbibliographie dagegen (wie auch andere Bibliographien zu astrologischen und kalendarischen Drucken) nennt grundsätzlich immer nur das Gültigkeitsjahr, das auf dem Titelblatt genannt ist. Oft ist diese Angabe der einzige Unterschied in den Titelformulierungen von Kalenderdrucken, die zu einer „Reihe“ gehören.

Ich habe in dem Kalenderdruck-Verzeichnis in Cinquecentine.de auch nur das Gültigkeitsjahr und nicht das Erscheinungsjahr eingesetzt, weil es dort darauf ankommt, dass der Benutzer des Verzeichnisses die entsprechenden Angaben im Handbuch leicht findet.

Wenn man dagegen Missverständnissen vorbeugen möchte, müsste man bei Kalender- und Prognostikdrucken immer beide Jahre angeben, z.B. „[1569] für das Jahr 1570“, oder (wenn die Druckausgabe ein entsprechendes Impressum bietet) „1570 für das Jahr 1570“.

Im Handbuch der Kalendermacher findet man bei den bibliographischen Angaben also im ersten Abschnitt (mit der Überschrift „Titel“) nur die charakteristischen Begriffe aus den Titelblättern und das Format (quart, oktav oder duodez etc.) zusammen mit dem frühsten und dem letzten Jahr der verschiedenen Reihen für die gesamte Wirkungszeit des betreffenden Autors.

Danach folgt ein Abschnitt mit allen Druckern, die für diesen Autor gearbeitet haben, unter der Überschrift „Druck und Verlag“, auch hier immer mit dem ersten und dem letzten Erscheinungsjahr, jetzt aber bezogen auf den Drucker. Diese Jahresangaben stimmen nicht immer mit denen aus dem vorhergehenden Abschnitt überein, weil der Autor eine bestimmte Kalenderreihe auch bei verschiedenen Druckern in Auftrag gegeben haben kann. Wenn derselbe Drucker denselben Text in zwei verschiedenen Formaten produziert hat, erscheint sein Name zweimal. Dieselbe Reihe konnte auch parallel bei Druckern in verschiedenen Städten erscheinen, so dass für ein Jahr verschiedene Ausgaben existieren.

Als dritten Abschnitt der bibliographischen Angaben gibt es dann noch die „Nachweise“, woher die betreffenden Daten stammen. Auch hier wird es für den Benutzer wieder ziemlich unübersichtlich, wenn er verstehen will, welche Ausgabe, die in den ersten beiden Abschnitten erwähnt war, in welchem Werk der Sekundärliteratur nachgewiesen ist. Und natürlich wird die Sekundärliteratur immer stark abgekürzt und dafür auf eine zentrale Abkürzungsliste (im ersten der vier Bände) verwiesen. In der online-Ausgabe wäre diese Abkürzerei eigentlich überflüssig, weil man hier keinen so begrenzten Raum wie in der Druckausgabe hat.

In einem vierten Abschnitt werden Links zu Digitalisaten angeboten. Hier ist die online-Fassung der gedruckten natürlich haushoch überlegen, besonders weil die Links zu den Digitalisaten, die in der Papier-Fassung auch abgedruckt sind, oft außerordentlich lang sind. Aber nicht für alle Ausgaben liegen Digitalisate vor, und es bleiben in einigen Fällen immer noch Zweifel, welche Digitalisate welchen der voranstehenden dreigeteilten Reihen zuzurechnen sind.

Hier ein Beispiel aus dem Artikel das Handbuchs zu dem Kalendermacher Petrus Slovacius.

Handbuch der Kalendermacher Bd. 4, S. 242:

Titel:

Deutsche Kalender:

(1) 1573–1585[?]: Schreib Kalender, Format 4°.

(2) [?]–1584[?]: Schreibkalender, Format 8°

(3) 1583[?]–1588: Allmanach, Format 12°.

(3a) [?]–1587[?]: Allmanach, Format 12°.

Druck und Verlag:

(1) 1573–[1577?]: Crispin Scharffenberg, Breslau, 1578[?]–1585[?]: Johann Scharffenberg.

(2), (3), (4) 1581[?]–1588[?]: Johann Scharffenberg, Breslau.

(3a) 1587: Jakob Rhode, Danzig.

Nachweis:

UB Wrocław, 542591/I+II (Ex. für 1573 und 1578 von Reihe 1), R 2371b und c (2 Ex. für 1584 von Reihe 2). SNB Budapest (Ex. für 1581 von Reihe 1). Zinner, 1941/64, S. 256 und passim bis S. 294, Nr. 3326a (Ex. für 1588 von Reihe 3). NB Warschau, BN.XVI.O.6251 (Ex. für 1587 von Reihe 3a).

Ende des Zitats

Weggelassen habe ich hier die Reihen-Nummern (4) bis (6), weil es sich dabei nur um einen Einblattdruck (Wandkalender) und zwei Kalenderdrucke aus einem polnischen und einem slowakischen Druckort handelt. Die Exemplarnachweise in den polnischen Bibliotheken tauchen im VD16 nicht auf, nur der Schreibkalender in der NB Budapest kann zugeordnet werden, im VD16 natürlich auf 1580 (anstatt 1581) datiert: ZV 27401). Weitere fünf Ausgaben, aber ohne Standortangaben, liegen im VD16 verzeichnet vor, von denen vier wohl zur Reihe 1, (Format 4°) gehören werden (S 6754, S 6755. S 6756 und S 6758), eine dagegen zu Reihe 2, (Format 8°), S 6757). Für die Reihen 3 und 3a gibt es im VD16 keine Nachweise.

In dem Artikel zu Slovacius werden keine digitalisierten Ausgaben angezeigt.

Ich behaupte nicht, dass man sich mit diesen Angaben überhaupt nicht zurechtfinden kann, aber es ist mit Sicherheit sehr mühsam, besonders wenn der Nachweis-Teil sehr viel umfangreicher ist.

Solange für eine „Reihe“ nur ein oder zwei Drucke nachgewiesen werden können, ist die Aufsplitterung der bibliographischen Angaben in vier Teile (Titel, Drucker/Verlag, Nachweise und online-Ausgaben) eigentlich kein Problem, weil die Einzelteile dieser Angaben einfach nur aneinandergefügt werden müssen. Wenn dazu aber im VD16 sehr viele Ausgaben vorhanden sind, ist es nur mit Inkaufnahme von Ungenauigkeiten möglich, VD16-Nummern bestimmten Reihen zuzuordnen.

Es muss den Herausgebern des Handbuchs irgendwann mitgeteilt worden sein, dass es den Benutzern nicht leichtfällt, einzelne bibliographische Angaben aus den verschiedenen Abschnitten zusammenzusuchen. Denn in einigen Artikeln (aber eben nicht allen) wurden nachträglich, offenbar zur Erleichterung dieser Arbeit, zusätzliche Listen zusammengestellt, die den alten dreigeteilten bibliographischen Reihen-Angaben vorangestellt wurden. Mit diesen Listen ist es natürlich einfacher, die VD16-Nummern zuzuordnen, auch weil begrüßenswerterweise immer die Bibliotheks- oder Archiv-Signaturen mitnotiert werden. Allerdings werden mit dieser Praxis einige Ausgaben jetzt innerhalb eines Artikels dreimal aufgeführt: als einzelne Ausgabe in diesen zusätzlichen Listen, als Teil einer „Reihe“ (in drei Teile geplittet), und dann eventuell noch einmal als online-Digitalisat.

Ich habe in Cinquecentine.de erst einmal eine provisorische Liste zusammengestellt (Link dazu s. o. „Kalenderdruck-Verzeichnis in Cinquecentine.de“), alphabetisch geordnet nach den Autoren. In den Fällen, in denen das VD16 sehr viele Titel von Kalendern und Prognostiken aufführt, habe ich vorerst keine Nummern für die Kalender und Prognostiken herausgesucht, in der Hoffnung, dass die Herausgeber der Datenbank in naher Zukunft in noch mehr Artikeln spezielle Listen von einzelnen Druckausgaben hinzufügen, sodass die Zuordnung der VD16-Nummern für mich leichter wird. Bis dahin warte ich auch noch mit der Fertigstellung der nach VD16-Nummern geordneten Liste, die ja der eigentliche Zweck der ganzen Arbeit ist.

Es bleibt also vorerst kompliziert. Die VD16-Nummern wären für das Handbuch eigentlich die ideale Orientierungshilfe.

Das Merkwürdige ist, dass an vielen Stellen in dem Handbuch Bezug auf das VD16 genommen wird, dass auch besonders die Angaben zu den Nicht-Kalenderdrucken oder Prognostiken (Rubrick „andere Drucke“) direkt aus dem VD16 zu stammen scheinen, und dass trotzdem die Nummern ignoriert werden. Manchmal steht in einzelnen Artikeln sogar ausdrücklich: „zitiert nach VD16“. Gründe für das Weglassen der Nummern werden nicht genannt.

Zugegeben werden muss, dass gerade bei den Kalenderdrucken das VD16 sehr oft als Nachweis-Instrument ausfällt, weil die Standorte dieser Drucke Archive und Bibliotheken sind, die am VD16 gar nicht teilnehmen. Das tritt besonders bei einigen Artikeln des Handbuchs zu Tage, in denen die oben erwähnten Listen von einzelnen Druckausgaben eingefügt worden sind. Im Artikel zu Paul Fabricius sind 31 Titel von Kalender- und von Prognostikdrucken aufgelistet, von denen 25 keine VD16-Nummer haben. Im Artikel zu Christian Heiden sind es 8 von 17, bei Dionysius Sibenburger 9 von 19. Das sind sicher Extremfälle, die aber vor Augen führen, dass das VD16 in Wirklichkeit noch weit davon entfernt ist, seinem Anspruch der „annähernden Vollständigkeit“ gerecht zu werden.

Beim VD16 herrscht im Übrigen jetzt seit Ende August, also seit mehr als einem halben Jahr, was Neumeldungen betrifft, absolute Funkstille, es kommt nichts mehr (letzter Eintrag: ZV 32867). So etwas ist in den letzten 20 Jahren noch nie vorgekommen. Wer weiß, ob die Weiterführung der Neumeldungen überhaupt noch vorgesehen ist. Wie auch immer, man kann heute keine Bibliographie mehr zusammenstellen, in der Drucke des 16. Jahrhunderts eine Rolle spiele, ohne das VD16 auszuwerten.

Im Handbuch fehlen mehrere Drucke, die im VD16 verzeichnet sind, z.B. einige Ausgaben von Thurneysser, die nach 2015 ans VD16 gemeldet worden sind (ZV 30363, ZV 30379, ZV 31302, ZV 31781) und ein oder zwei Schreibkalender von Burkhard Mithoff (ZV 31416, vorh. in Baltimore (USA), möglicherweise auch M 5660, vorh. in London BL), dem Vater von Hector Mithoff, für den es einen Artikel gibt (im Handbuch unter „Mithobius“). Sein Vater wird zwar als Kalendermacher in diesem Artikel erwähnt, hat aber keinen eigenen Artikel, weil von ihm kein Schreibkalender bekannt sei.

Den Herausgebern des Handbuchs ist sogar ein Kalendermacher völlig entgangen, nämlich Leonhard Mayr aus Passau (VD16 M 1738 und M 1739). Das lässt darauf schließen, dass sie überhaupt nicht auf die Idee gekommen sind, im VD16 in die Suchmaske einmal versuchsweise den Begriff „Schreibkalender“ einzugeben. Hätten sie es getan, hätten sie 145 Treffer bekommen, darunter auch Leonhard Mayr.

Dann gibt es neben Hermann de Werve (1584 – 1656), der im Handbuch einen Artikel hat, im 16. Jahrhundert noch einen Hermann van dem Werve (VD16 W 2102, W 2103), der mindestens zwei Almanache veröffentlicht hat, aber in dem Handbuch nicht berücksichtigt wird. Ob es sich dabei um Schreibkalender handelt, müsste überprüft werden.

Man mag zu bedenken geben, dass der hauptsächliche Verfasser der Artikel über die Kalendermacher, Klaus-Dieter Herbst, erst im Laufe seiner langjährigen Forschungsarbeiten dazu gekommen ist, seine Recherchen auf die Anfangszeit der Schreibkalender im 16. Jahrhundert auszuweiten. Begonnen hatte er im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Die Gattung der „Kalendergeschichten“ kennt man aus der Literaturgeschichte ja auch nur daher. Herbst hat seine persönliche Forschungsgeschichte im ersten Band der gedruckten Version des Handbuchs ausführlich dargestellt, eindrücklich vor allem, was die Praxis der Förderungsanträge bei der DFG betrifft und deren Auswirkungen auf die eigene Lebensplanung. Das weckte auch bei mir unangenehme Erinnerungen.

Dabei hat mich aber überrascht, dass er Kenntnis von den Gutachten zu seinem Antrag hatte und dass er deshalb wusste, aus welchen Gründen dieser Antrag abgelehnt wurde. Mir war dagegen immer gesagt worden, dass es grundsätzlich nicht üblich sei, dass die Antragsteller darüber informiert würden. Der Antrag, an dem ich vor 35 Jahren beteiligt war, wurde einfach abgelehnt, und basta. Aber wenn das in seinem Fall anders gewesen ist, wieso ist von den Gutachtern niemand auf die Idee gekommen, ihm mitzuteilen, dass die Angabe der VD16- und VD17-Nummern der Drucke sehr erwünscht ist? Die DFG hat für diese Projekte über Jahrzehnte Millionen von DM und auch noch einige Euro ausgegeben. Wieso gibt es von der Seite der DFG her keinerlei Initiative dafür, dass diese Instrumente jetzt doch bitte auch genutzt werden sollten, wenn man gefördert werden will?

Dieselben Erwägungen gelten ja auch für die großen DFG-geförderten Digitalisierungsprojekte, in denen massenhaft Druckausgaben auftauchen, die nicht ans VD16 gemeldet worden sind und deshalb keine Nummern haben (z. B. Regensburg SB und Augsburg SuStB). In dem von mir geplanten Verweis-Verzeichnis können diese Druckausgaben nicht erscheinen.

VD16-Nummern sind Normdaten, sie sind nicht optional.

Hier noch ein Nachtrag:

Das sind die bibliographischen Angaben aus dem Artikel zu Bartholomäus Scultetus. Daraus normale bibliographische Hinweise zu rekonstruieren, ist eine anspruchsvolle Aufgabe …

Titel:

(1) 1568–1614: Almanach vn[n] Schreibkalender, Format 4°.

(2) [1584?]–[1594?]: Schreibkalender, Format 8° oder 16° [kein Exemplar ermittelt, siehe aber die Quellenzitate).

(3) 1605[?]–[?]: Almanach und Schreib Kalender, Format 4°.

Druck und Verlag:

(1), (2) 1568–1594: Ambrosius Fritsch, Görlitz, 1595–1596: Ambrosius Fritschs Erben, Görlitz, 1597–1614: Hans Rambau d. J., Görlitz.

(3) Druck Georgius Nigrinus, Prag, Verlag Nicklas Straus, Prag.

Nachweis: Gesehene Exemplare: UB Wrocław, 461823 (ein Band mit den Kalendern für 1568 bis 1594, eingesehen vom 23. bis 27.11.2015). StA Mühlhausen, 80/1258,1 (,6 und ,8) und 80/1260,7(8) (Ex. für 1574, 1579, 1585, 1598). MB Halle, R 3.64 (24+25), 65 (12+13, 18+19), 66 (12+13, 20+21, 24+25), 67 (3+4, 29), 70 (3, 29+30), 73 (3+4, 27+28+29, 36, 47+48), 74 (16+17) (Ex. für 1580, 1583–1688, 1590, 1595, 1596, 1603, 1604, 1605 (Prag), 1606, 1608). SBPK Berlin, 1 und 2 in:4“@Ok1274 (Ex. für 1584). ULB Halle, AB 44 13/i, 11 (13) (Ex. für 1588). Nicht gesehene Exemplare: SBPK Berlin, Oz 18 (Ex. für 1581). SLUB Dresden, Mscr. Dresd. App. 3093 (Ex. für 1582), Prognostikum für 1593 (Sign.?). ÖNB Wien (Ex. für 1577, 1578, 1600). HAB Wolfenbüttel (EX. für 1584, 1592). RSB Zwickau (Ex. für 1588, 1589). Ferner: ZKAAD, 1987–1993, Teil 4, S. 320, Nr. 3936 (Ex. für 1580) und passim bis S. 363, Nr. 4432 (Ex. für 1608). Zinner, 1941/64, S. 245, Nr. 2469 (Ex. für 1568) und passim bis S. 321, Nr. 3834 (Ex. für 1599). Herbst, 2008a, S. 147 (Ex. für 1603–1608).

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